Chrysoberyll
| Chrysoberyll |
|
Fast farbloser Chrysoberyll aus Governador Valadares, Doce valley, Minas Gerais, Brasilien (Größe: 7,33 mm) |
| Chemische Formel |
BeAl2O4[1] |
| Mineralklasse |
Oxide und Hydroxide
4.BA.05 (8. Auflage: IV/B.07) nach Strunz
07.02.09.01 nach Dana |
| Kristallsystem |
Orthorhombisch |
| Kristallklasse; Symbol nach Hermann-Mauguin |
orthorhombisch-dipyramidal, 2/m 2/m 2/m[2] |
| Raumgruppe (Raumgruppen-Nr.) |
Pbnm (Raumgruppen-Nr. 62) |
| Farbe |
Farblos, Gelb bis Goldgelb, Braun, Grün, Blaugrün |
| Strichfarbe |
Weiß |
| Mohshärte |
8,5 |
| Dichte (g/cm3) |
gemessen: 3,75(1); berechnet: 3,69[3] |
| Glanz |
Glasglanz, Fettglanz |
| Transparenz |
durchsichtig bis durchscheinend |
| Bruch |
muschelig bis uneben |
| Spaltbarkeit |
unvollkommen nach {010}, deutlich nach {110}, undeutlich nach {001}[3] |
| Habitus |
tafelige Kristalle, zyklische Zwillinge |
| Häufige Kristallflächen |
010}, {001}, {101}, {012}, {111}[4] |
| Zwillingsbildung |
zyklische Durchdringungs-Drillinge bei Alexandrit |
| Kristalloptik |
| Brechungsindex |
nα = 1,746 ; nβ = 1,748 ; nγ = 1,756[5] |
Doppelbrechung
(optischer Charakter) |
δ = 0,010[5]; zweiachsig positiv |
| Optischer Achsenwinkel |
2V = 70° (gemessen); 72° (berechnet)[5] |
| Pleochroismus |
sichtbar[5]:
X = c = Rotviolett (ähnlich der Akeleien, engl.: columbine)
Y = b = Gelborange
Z = a = Smaragdgrün
|
| Weitere Eigenschaften |
| Ähnliche Minerale |
Andalusit, Brasilianit, Goldberyll und andere (siehe Verwendung als Schmuckstein) |
Der
Chrysoberyll ist ein eher selten vorkommendes
Mineral aus der
Mineralklasse der
Oxide und
Hydroxide. Es kristallisiert im
orthorhombischen Kristallsystem mit der chemischen Formel BeAl
2O
4[1], ist also chemisch gesehen ein
Beryllium-
Aluminat.
Chrysoberyll entwickelt meist dicktafelige bis kurzprismatische
Kristalle,
die bis zu 22 Zentimeter groß werden können und überwiegend parallel
der c-Achse gestreift sind. Charakteristisch ist auch seine zyklische
Zwillingsbildung mit pseudohexagonal-dipyramidalem Habitus.
In reiner Form ist Chrysoberyll farblos und durchsichtig mit glasähnlichem
Glanz
auf den Oberflächen. Durch vielfache Lichtbrechung aufgrund von
Gitterbaufehlern oder polykristalliner Ausbildung kann er aber auch weiß
erscheinen und durch
Fremdbeimengungen von
Chrom und
Eisen eine goldgelbe, grüngelbe bis blaugrüne oder bräunliche Farbe annehmen, wobei die Transparenz entsprechend abnimmt.
Mit einer
Mohshärte von 8,5 ist Chrysoberyll nach
Diamant (10), dem sehr seltenen
Moissanit (9,5) und dem
Korund (9) das vierthärteste Mineral.
Bekannte
Schmucksteinvarietäten sind der
farbwechselnde Alexandrit und das seidig schimmernde
Katzenauge mit dem
gleichnamigen optischen Effekt.
Besondere Eigenschaften
Chrysoberyll ist sehr empfindlich gegenüber verschiedenen
Alkalien und
Kaliumhydrogensulfat (
Kaliumbisulfat) und wird von diesen zersetzt. Vor dem
Lötrohr und von Säuren wird er jedoch nicht verändert.
[6]
Etymologie und Geschichte
Gelblichgrüner Chrysoberyll-Sechsling aus Colatina, Espírito Santo, Brasilien (Vergleichsmaßstab: 1
Zoll mit Einkerbung bei 1 cm
Der Name Chrysoberyll, aus dem
griechischen χρυσοβήρυλλος [chrysobḗryllos], ist zusammengesetzt aus den Worten
χρυσός [chrysós] für „Gold“ und
βήρυλλος [bḗryllos] für „
Beryll“.
Der Chrysoberyll gehört zu den etwa 20 Edelsteinen, die schon von dem römischen Schriftsteller
Plinius
(23-79 n. Chr.) in seiner "Naturalis historia" beschrieben werden.
Plinius sah Chrysoberyll fälschlicherweise als eine Unterart der
Berylle, als goldfarbigen Bruder von
Aquamarin (blau) und
Smaragd
(grün), zu denen er jedoch nicht gehört und sich von ihnen in
chemischer Zusammensetzung, Struktur und Härte unterscheidet. Dennoch
wird Chrysoberyll erst 1789 in der Mineralsystematik von
Abraham Gottlob Werner als eigenständiges Mineral (
Krisoberil) geführt.
[7]
Klassifikation
In der mittlerweile veralteten, aber noch gebräuchlichen
8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz
gehörte der Chrysoberyll zur allgemeinen Abteilung der „Oxide mit dem
Stoffmengenverhältnis Metall : Sauerstoff = 3 : 4“, wo er zusammen mit
Swedenborgit als Namensgeber die „Chrysoberyll-Swedenborgit-Gruppe“ mit der System-Nr.
IV/B.07 und den weiteren Mitgliedern
Ferrotaaffeit und
Magnesiotaaffeit bildete.
Die seit 2001 gültige und von der
International Mineralogical Association (IMA) verwendete
9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik
ordnet den Chrysoberyll ebenfalls in die Abteilung der „Oxide mit dem
Stoffmengenverhältnis Metall : Sauerstoff = 3 : 4 (und vergleichbare)“
ein. Diese Abteilung ist allerdings weiter unterteilt nach der relativen
Größe der beteiligten
Kationen,
so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der
Unterabteilung „Mit kleinen und mittelgroßen Kationen“ zu finden ist, wo
es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe
4.BA.05 bildet.
Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche
Systematik der Minerale nach Dana
ordnet den Chrysoberyll in die Klasse der „Oxide und Hydroxide“, dort
allerdings in die Abteilung der „Mehrfachen Oxide“ ein. Hier ist er als
einziges Mitglied in der unbenannten Gruppe
07.02.09 innerhalb der Unterabteilung der „
Mehrfachen Oxide mit der allgemeinen Formel (A+B2+)2X4, Spinellgruppe“ zu finden.
Varietäten und Modifikationen
Alexandrit, grün im natürlichen und rot im Kunstlicht
Alexandrit, eine sehr seltene und wertvolle Varietät, leuchtet
im Tageslicht grün bis bläulichgrün und bei Kunstlicht rot bis violett
auf. Dieser Farbwechsel, auch Changieren oder
Alexandrit-Effekt genannt, wird durch seinen
Chromgehalt hervorgerufen. Die Ursache ist der starke
Pleochroismus
und das unterschiedliche spektrale Helligkeitsmaximum des Tages- und
des künstlichen Lichtes. Der Alexandrit wirkt praktisch wie ein Filter,
der nur noch rotes oder grünes Licht durchlässt. Im Tageslicht, das
einen größeren Anteil grünen Lichtes enthält, erscheint er deshalb grün.
Im künstlichen Lampen- oder auch im Kerzenlicht, dessen roter Anteil
viel stärker als der grüne ist, erscheint er dagegen kräftig rot. Der
Name Alexandrit geht auf den späteren russischen Zaren
Alexander II.
(1855-1881) zurück, an dessen Großjährigkeitserklärung im Jahre 1830
der Stein erstmals gefunden wurde. Die Hauptfarben der damaligen
russischen Armee waren grün und rot.
Eine weitere Varietät ist das
Chrysoberyll-Katzenauge oder kurz
Katzenauge (veraltete und nicht mehr gebräuchliche Synonyme
Cymophan oder
Kymophan), das den begehrten
Katzenaugen-Effekt
zeigt. Nur diese Varietät darf die alleinige Bezeichnung Katzenauge
tragen. Alle anderen Minerale mit dem Katzenaugen-Effekt müssen durch
den Zusatz des entsprechenden Mineralnamens kenntlich gemacht werden.
Der wogende, silberweiße Lichtstreifen entsteht durch Lichtbrechung in
den feinen, parallel angeordneten Hohlkanälen.
Bildung und Fundorte
Chrysoberyll in Quarz eingewachsen aus Espírito Santo, Brasilien (Größe: 4,0 x 2,5 x 1,8 cm)
Chrysoberyll bildet sich
magmatisch in
Pegmatiten oder durch
Kontaktmetamorphose in
Schiefern und aufgrund seiner Widerstandsfähigkeit auch in
Seifenlagerstätten. Als
Begleitminerale treten in unter anderem
Albit,
Apatit,
Beryll,
Columbit,
Fluorit, verschiedene
Granate,
Kyanit,
Muskovit,
Phenakit,
Quarz,
Spinell,
Staurolith,
Topas und
Turmaline auf.
Als eher seltene Mineralbildung kann Chrysoberyll an verschiedenen
Fundorten zum Teil zwar reichlich vorhanden sein, insgesamt ist er aber
wenig verbreitet. Als bekannt gelten bisher (Stand: 2012) insgesamt rund
300 Fundorte.
[5]
Zu den bekanntesten Fundstätten von Chrysoberyll gehören:
- Brasilien: Gute ausgebildete und bis zu 22 Zentimeter große Kristalle und Zwillinge traten vor allem bei Pancas im Bundesstaat Espírito Santo zutage[8], aber auch an mehreren Fundstätten in Bahia, Minas Gerais und anderen Regionen konnten mehrere Zentimeter große Chrysoberylle gefunden werden.
- Indien und Sri Lanka sind bekannte Fundorte für die begehrten
Schmuckvarietäten Alexandrit und Katzenauge, die vor allem in den
Gebieten um Deobhog in Chhattisgarh und Orissa (Indien) sowie in Ratnapura und anderen Gebieten von Sabaragamuwa (Sri Lanka) gefunden wurden.
- Auf Madagaskar konnten im Gebiet um Ambatondrazaka bis zu 10 Zentimeter große Kristalle gefunden werden[8] und eine bekannte Edelstein-Lagerstätte ist Ilakaka in der Provinz Fianarantsoa.
- In Russland gehört Malyschewa im Ural zu den bekanntesten Fundorten, wo sich neben Smaragd und Phenakit auch wertvolle Alexandrite von bis zu acht Zentimetern Größe fanden.[8]
- Mehrere Zentimeter große Kristalle traten unter anderem auch in der Umgebung von Mogok in der Mandalay-Division von Myanmar (Burma), der Provinz Masvingo im Südosten von Simbabwe, bei Magara nahe dem Manyara-See in Tansania und bei Maršíkov (Marschendorf) in der tschechischen Region Olomoucký kraj (Olmütz) auf.
Im Österreich fand sich das Mineral unter anderem bei
Rieding in Kärnten, im
Mieslingtal in der niederösterreicher Gemeinde
Spitz sowie im
Felbertal und
Habachtal im Salzburger Teil der Hohen Tauern, in der Schweiz sind einige Fundpunkte in den Kantonen
Graubünden und
Tessin bekannt. Deutsche Fundorte sind bisher nicht bekannt.
Weitere Fundorte liegen unter anderem in der Antarktis, in
Australien, Bulgarien, China, der Demokratischen Republik Kongo,
Finnland, Frankreich, Italien, Japan, Mosambik, Namibia, Niger,
Norwegen, Polen, Sambia, Schweden, Spanien, Südafrika, im Vereinigten
Königreich und den Vereinigten Staaten von Amerika.
[9]
Kristallstruktur
Chrysoberyll kristallisiert orthorhombisch in der
Raumgruppe Pbnm (Raumgruppen-Nr. 62) mit den
Gitterparametern a = 4,43
Å;
b = 9,40 Å und
c = 5,47 Å sowie 4
Formeleinheiten pro
Elementarzelle.
[1]
Die
Kristallstruktur ähnelt der von
Olivin, besteht allerdings im Gegensatz zu diesem aus [BeO
4]-
Tetraedern, dessen Ecken über oktaedrisch
koordinierte Al
3+ miteinander verknüpft sind. Die kristallchemische Strukturformel kann daher analog zum Olivin auch mit Al
2[BeO
4] beschrieben werden.
[10]
Verwendung als Schmuckstein
Geschliffener Chrysoberyll
Kollektion von Chrysoberyll-Katzenaugen in Cabochonform aus Minas Gerais, Brasilien
Chrysoberyll und seine Varietäten finden in erster Linie als
Schmucksteine
Verwendung, aber nur ein geringer Teil der Chrysoberyll-Kristalle ist
klar und durchsichtig, wie man sie für die Schmuckherstellung benötigt
und meist können nur verhältnismäßig kleine Stücke des Kristalls
herausgeschnitten und zu klaren, glanzvollen und warm leuchtenden
„Edelsteinen“ geschliffen werden, wobei verschiedene
Facettenschliffe zur Anwendung kommen. Katzenaugen erhalten dagegen den für eine optimale Hervorhebung der Chatoyance nötigen
Cabochon-Schliff.
Aufgrund von Ähnlichkeiten in Farbe und Form kann Chrysoberyll mit
verschiedenen, anderen Mineralen verwechselt werden, die teilweise
ebenfalls zu Schmucksteinen verarbeitet werden wie unter anderem
Andalusit,
Brasilianit,
Goldberyll,
Hiddenit,
Peridot,
Saphir,
Sinhalit,
Skapolith,
Spinell,
Topas,
Turmalin und
Zirkon.
[11]
Berühmte Chrysoberylle
Der größte bisher gefundene Chrysoberyll trat in
Rio de Janeiro (Brasilien) zutage und hatte ein Gewicht von 16 Pfund.
[12] Ein weiterer mit einem Gewicht von 1876
ct (≙ 375,2 g) ebenfalls sehr großer Stein wurde in Sri Lanka gefunden.
[11]
Der größte bisher bekannte, geschliffene Alexandrit hat ein Gewicht von 66 ct und wird im
Smithsonian Institution in Washington (USA) aufbewahrt. Berühmt ist auch der in
London aufbewahrte „Hope-Chrysoberyll“, ein hellgrüner, facettierter Stein von 45 ct Gewicht.
[11]
Manipulationen und Imitationen
Da Chrysoberyll und vor allem der extrem seltene und teure Alexandrit
ein seltener und entsprechend teurer Edelstein ist, wird er oft durch
verschiedene Methoden nachgeahmt:
- Bereits seit 1888 wird Alexandrit auch synthetisch
hergestellt. Diese sind nur mithilfe gemmologischer Untersuchungen
einwandfrei von natürlichen Steinen zu unterscheiden. Die Einschlüsse
spielen dabei eine wichtige Rolle.
- Ähnliche, billigere Minerale wie das Katzenaugen-Quarz werden oft benutzt, um den Chrysoberyll zu imitieren. Weitere Imitationen werden mithilfe von Glas, synthetischem Korund oder Spinell erzeugt. Der synthetische Korund, vorzugsweise Saphir,
dient auch zur Imitation von Alexandrit, weil er einen ähnlichen
Farbwechsel zeigt, der jedoch eher von rot nach violett geht. Die
Handelsnamen Blauer Alexandrit und Sri-Lanka-Alexandrit sind also tatsächlich Saphire.
- Sehr erfolgreiche Nachahmungen von Chrysoberyll werden durch die Erzeugung von Dubletten (zusammengesetzten Schmucksteinen) erreicht, wobei als Untergrund Granat oder Glas dient.
- Um die natürlichen Chrysoberylle mit weniger wertvoller
Farbausprägung durch Farbänderung oder Intensivierung aufzuwerten,
werden sie seit 1997 radioaktiv bestrahlt. Da aber vor allem beim Bestrahlen mit Elementarteilchen eine starke Reststrahlung entsteht, müssen die so behandelten Steine mitunter einige Jahre in Quarantäne.
Literatur
- Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1979, ISBN 3-342-00288-3, S. 381.
- Paul Ramdohr, Hugo Strunz: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. 16. Auflage. Ferdinand Enke Verlag, 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 508.
- Bernhard Bruder: Geschönte Steine. Neue Erde Verlag, 1998, ISBN 3-89060-025-5, S. 58.
- Manuel Font Altaba, Giuseppe Tanelli: Mineralogie, Neuer Kaiser Verlag (1995, ISBN 3-7043-1220-7